03.09.2025

Business Value mit KI realisieren: Stakeholder einbinden

Diese Artikelserie untersucht, wie wir KI-Projekte so organisieren können, dass sie echten geschäftlichen Mehrwert erzielen.
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Alastair Gill
Principal Data Scientist
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KI
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Obwohl diese Serie durch einige der aktuellen Herausforderungen rund um generative KI (GenAI) angestoßen wurde, bestehen die Schwierigkeiten, mit KI echten geschäftlichen Nutzen zu erzielen, schon weit länger – und gehen über diese spezielle Technologie-Iteration hinaus. Ziel dieser Reihe ist es, Erkenntnisse und Erfahrungen aus vielen Jahren praktischer KI-Implementierung weiterzugeben, um typische Fallstricke künftig zu vermeiden.

Im letzten Artikel lag der Fokus darauf, das Geschäftsproblem zu verstehen, das durch KI gelöst werden soll. Klar ist: Das geschieht nicht isoliert. Die Problemdefinition und die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Stakeholdern sind eng miteinander verknüpft. Aber welche Stakeholder sind entscheidend? Aufbauend auf den Überlegungen zur Problemdefinition können wir sie grob in zwei Gruppen einteilen: geschäftliche (oder finanzielle) Nutzer und technologische (Ingenieure) – wie in Abbildung 1 dargestellt.

Jede dieser Gruppen bringt ihre ganz eigene, absolut berechtigte Perspektive ein. Ingenieure achten beispielsweise auf Machbarkeit und Praktikabilität. Nutzer konzentrieren sich auf Wirkung und Ergebnis, während Business-Stakeholder vor allem Kosten und Wert im Blick haben.

Für alle drei Gruppen ist es entscheidend, sie nicht nur in Bezug auf die geschäftlichen Anforderungen zu verstehen, sondern auch in dem, was sie individuell motiviert. Ebenso wichtig ist es, gemeinsam mit ihnen den Rahmen des Projekts auszuhandeln – denn ihre Perspektiven sind unterschiedlich, aber jeweils richtig, und brauchen daher ein ausgewogenes Verhältnis.

Indem wir Beziehungen aufbauen und Vertrauen schaffen, gelingt es uns besser, die Stakeholder und ihre Bedürfnisse zu verstehen, ihre Zusammenarbeit zu fördern und so die Lösungsentwicklung zu verbessern – was letztlich den Erfolg des Projekts sicherstellt.

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Abbildung 1: Darstellung der Stakeholder-Einbindungen bei der Entwicklung einer KI-Lösung (Hinweis: Im Wesentlichen entspricht dies dem Vorgehen bei der Entwicklung beliebiger Softwareprodukte, z. B.: https://productlogic.org/2014/09/13/the-product-triangle-a-visual-vocabulary-for-product-building/)

Senior Sponsoren und Business-Stakeholder bringen die Vision (und in der Regel auch die Finanzierung) mit und sind oft sehr daran interessiert, den Prozess der Projektdefinition aktiv mitzugestalten. Das ist grundsätzlich positiv: Sie sind engagiert, wollen das Projekt zum Erfolg führen und unterstützen es sowohl mit Zeit als auch mit Geld. Allerdings haben Senior Stakeholder meist nur ein unvollständiges Bild der Geschäftsabläufe sowie der einzelnen Rollen und Verantwortlichkeiten im Tagesgeschäft. Das kann zu Lücken im Verständnis führen – etwa, welche Anforderungen die Lösung tatsächlich erfüllen muss, welche Aufgaben sie im Detail abdecken soll und wie sie im Einsatz mit den Nutzern interagiert.

 

Deshalb ist es entscheidend, frühzeitig Beziehungen zu denjenigen aufzubauen, die die Lösung später tatsächlich nutzen werden. Diese Personen haben in der Regel ein sehr genaues Verständnis des Problems, das adressiert werden soll, sowie ein klares Bild möglicher Stolpersteine, besonderer Umstände oder spezieller Anforderungen, die die Lösung erfolgreich meistern muss.

Ebenso wichtig ist der Austausch mit denjenigen, die die technischen Aspekte verantworten. Aus Ingenieurssicht können sie eine ganze Reihe zusätzlicher Herausforderungen, Besonderheiten und Anforderungen einbringen, die berücksichtigt werden müssen. Auch wenn diese Gespräche das Projekt zunächst komplexer erscheinen lassen, ist es unverzichtbar, diese Punkte so früh wie möglich aufzudecken und in das Lösungsdesign einfließen zu lassen.

Alle relevanten Stakeholder von Anfang an in die Projektdefinition, die Abgrenzung und die Planung einzubeziehen, ist jedoch nur die halbe Miete. Hinzu kommt eine weitere Herausforderung: das Verständnis- und Erwartungsgefälle. Als Data Scientist oder KI-Spezialist verfügen Sie über Erfahrung aus früheren Projekten, kennen deren Ablauf und das Endergebnis und haben zudem ein tiefes technisches Verständnis – von Algorithmen über Daten und Infrastruktur bis hin zu UX und Design. Damit können Sie sich gut vorstellen, wie die Lösung aussehen wird und was möglich ist. Für Stakeholder ist das meist nicht der Fall: Ihre Perspektive ist oft eingeschränkt – sie unterschätzen, was technisch machbar ist, oder überschätzen die Möglichkeiten einer vermeintlich „magischen“ Lösung. Beides ist problematisch.

An dieser Stelle lohnt es sich, kurz unsere Rolle näher zu beleuchten: Als KI-Experten im Projekt müssen wir die Rolle des Guides übernehmen, um in solchen Situationen das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Wenn das Vorstellungsvermögen eingeschränkt ist oder unterschätzt wird, was möglich ist, entsteht eine Art „Armut der Aspiration“. In dieser Rolle haben wir die anspruchsvolle Aufgabe, Stakeholdern zu helfen, sich ein Bild von einer Lösung zu machen – und sie von Ansätzen abzubringen, die das eigentliche Geschäftsproblem nicht vollständig adressieren würden. Die beste Strategie ist hier oft, als Moderator aufzutreten, der den Stakeholdern die Auswirkungen ihrer Entscheidungen auf die Lösung verdeutlicht.

 

Genauso wichtig ist es, die gegenteilige Situation im Blick zu behalten: Stakeholder, die einen unrealistischen Optimismus gegenüber den vermeintlich „magischen Kräften“ von KI oder GenAI haben – also der Annahme, dass sich Lösungen quasi automatisch ergeben, ohne dass das Problem überhaupt klar benannt, geschweige denn systematisch dokumentiert wurde. Genau aus diesem Grund widmet sich der Prozess der Problemdefinition (wie zuvor beschrieben) vielen Schritten, die darauf abzielen, Informationen über das Geschäftsproblem zu gewinnen. Durch die strukturierte Anforderungserhebung und das Aufzeigen möglicher Stolpersteine lässt sich bereits in frühen Gesprächen viel klarer über mögliche Lösungsansätze sprechen.

Gerade mit diesen Stakeholdern tauchen immer wieder typische Herausforderungen auf: Erstens überhöhte Erwartungen daran, wie die fertige Lösung aussehen könnte und was sie überhaupt leisten kann. Zweitens eine fehlende Realitätsnähe in Bezug auf die notwendigen Nutzer- und Lösungsanforderungen, die dokumentiert werden müssen (da dies angeblich „magisch“ geschieht). Drittens ein mangelndes Verständnis dafür, wie lange der Aufbau einer solchen Lösung tatsächlich dauert. Zusammengenommen kann das für Data Scientists oder Projektmanager schnell problematisch werden. Gleichzeitig liegt der Vorteil solcher Stakeholder oft in ihrer grenzenlosen Begeisterung. Wichtig ist, diese Energie zu nutzen – und gleichzeitig die Erwartungen realistisch zu setzen und die Begeisterung in konstruktive Bahnen zu lenken, zum Beispiel durch die gemeinsame Entwicklung eines Zielbilds der Lösung, das Skizzieren möglicher Funktionsweisen oder durch die Herstellung von Kontakten zu weiteren Schlüssel-Stakeholdern.

Zusammengefassung

Unabhängig von der Art des Stakeholders ist es entscheidend, sie während des gesamten Projektverlaufs einzubinden. Nur so bleiben sie engagiert, können kontinuierlich Feedback geben und stellen sicher, dass die Lösung nicht vom eigentlichen Geschäftsbedarf abweicht.

 

Wie wir bereits gesehen haben, ist es für den Erfolg eines Projekts zentral, unsere Lösung – ob GenAI, „klassische“ KI oder etwas anderes – klar mit dem Geschäftsproblem zu verknüpfen. Im nächsten Artikel gehen wir deshalb näher darauf ein, wie die Lösung gestaltet werden kann und wie sich KI konkret auf die Business-Logik einer Organisation abbilden lässt.

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